Charta Oecumenica: Unterschied zwischen den Versionen

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anglikanischen, freikirchlichen und altkatholischen Kirchen in Europa. Im Rat der Europäischen
 
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Bischofskonferenzen (CCEE) sind die römisch-katholischen Bischofskonferenzen in Europa
 
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"DIE EINE, HEILIGE, KATHOLISCHE UND APOSTOLISCHE KIRCHE"
 
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2. Gemeinsam das Evangelium verkündigen
 
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Die wichtigste Aufgabe der Kirchen in Europa ist es, gemeinsam das Evangelium durch Wort
 
Die wichtigste Aufgabe der Kirchen in Europa ist es, gemeinsam das Evangelium durch Wort
und Tat für das Heil aller Menschen zu verkündigen. Angesichts vielfältigerOrientierungslosigkeit, der Entfremdung von christlichen Werten, aber auch mannigfacher
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Suche nach Sinn sind die Christinnen und Christen besonders herausgefordert, ihren Glauben
 
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zu bezeugen. Dazu bedarf es des verstärkten Engagements und des Erfahrungsaustausches in
 
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Auf der europäischen Ebene ist es nötig, die Zusammenarbeit zwischen der Konferenz
 
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Europäischer Kirchen und dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen zu stärken und
 
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weitere Europäische Ökumenische Versammlungen durchzuführen.Bei Konflikten zwischen den Kirchen sollen Bemühungen um Vermittlung und Frieden
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Wir verpflichten uns,
 
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Spaltung droht, das Gespräch zu suchen und diese Fragen gemeinsam im Licht des
 
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UNSERE GEMEINSAME VERANTWORTUNG IN EUROPA
 
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"Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden"
 
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und sozialer Fragen im Geist des Evangeliums. Weil wir die Person und Würde jedes
 
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Menschen als Ebenbild Gottes werten, treten wir für die absolute Gleichwertigkeit aller
 
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engagieren uns für eine Friedensordnung auf der Grundlage gewaltfreier Konfliktlösungen.
 
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Wir verurteilen jede Form von Gewalt gegen Menschen, besonders gegen Frauen und Kinder.
 
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Herrlichkeit, die Bundesordnungen, ihnen ist das Gesetz gegeben, der Gottesdienst und die
 
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Verheissungen, sie haben die Väter, und dem Fleisch nach entstammt ihnen der Christus"
 
Verheissungen, sie haben die Väter, und dem Fleisch nach entstammt ihnen der Christus"
(Röm. 9, 4-5).Wir beklagen und verurteilen alle Manifestationen des Antisemitismus, wie Hassausbrüche
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und Verfolgungen. Für den christlichen Antijudaismus bitten wir Gott um Vergebung und
 
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unsere jüdischen Geschwister um Versöhnung.
 
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Wir verpflichten uns,
 
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den Muslimen mit Wertschätzung zu begegnen;
 
 
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bei gemeinsamen Anliegen mit Muslimen zusammenzuarbeiten.
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12. Begegnung mit anderen Religionen und Weltanschauungen
 
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Die Pluralität von religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen und Lebensformen ist ein
 
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die Religions- und Gewissensfreiheit von Menschen und Gemeinschaften
 
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für das Gespräch mit allen Menschen guten Willens offen zu sein, gemeinsame
 
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Anliegen mit ihnen zu verfolgen und ihnen den christlichen Glauben zu bezeugen.***************
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Jesus Christus ist als Herr der einen Kirche unsere grösste Hoffnung auf Versöhnung und
 
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Frieden.
 
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Strassburg, den 22. April 2001
 
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Metropolit Jéremie
 
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Präsident der
 
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Konferenz Europäischer Kirchen
 
Konferenz Europäischer Kirchen
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==Quelle==
 
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* [http://www.ceceurope.org/current-issues/charta-oecumenica/ Text als pdf auf der Seite der CEC in verschiedenen Sprachen]
 
* [http://www.ceceurope.org/current-issues/charta-oecumenica/ Text als pdf auf der Seite der CEC in verschiedenen Sprachen]

Aktuelle Version vom 11. Januar 2015, 20:13 Uhr

Die Charta Oekumenica ist das übergreifende Arbeitspapier für die in der ACK und dem ÖRK zusammengeschlossenen Kirchen, welches von einer Konferenz der Kirchen beschlossen wurde. Aus diesem Papier leitete die KKD eine interne Charta der ökumenischen Zusammenarbeit ab, welche sie für eine intensive Zusammenarbeit mit geeigneten anderen Kirchen gemäß des nachfolgenden Textes ansieht.

Text

CONFERENCE OF EUROPEAN CHURCHES
CONFERENCE DES EGLISES EUROPEENNES
KONFERENZ EUROPAEISCHER KIRCHEN
CHARTA OECUMENICA
Leitlinien für die wachsende Zusammenarbeit
unter den Kirchen in Europa
"Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geist"
Als Konferenz Europäischer Kirchen und als Rat der Europäischen Bischofskonferenzen*
sind wir im Geist der Botschaft der beiden Europäischen Ökumenischen Versammlungen von
Basel 1989 und von Graz 1997 fest entschlossen, die unter uns gewachsene Gemeinschaft zu
bewahren und fortzuentwickeln. Wir danken unserem Dreieinigen Gott, dass er durch seinen
Heiligen Geist unsere Schritte zu einer immer intensiveren Gemeinschaft führt.
Vielfältige Formen der ökumenischen Zusammenarbeit haben sich bereits bewährt. In Treue
zu dem Gebet Christi: "Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, sollen
auch sie eins sein, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast" (Johannes 17, 21),
dürfen wir jedoch bei dem jetzigen Zustand nicht stehenbleiben. Im Bewusstsein unserer
Schuld und zur Umkehr bereit müssen wir uns bemühen, die unter uns noch bestehenden
Spaltungen zu überwinden, damit wir gemeinsam die Botschaft des Evangeliums unter den
Völkern glaubwürdig verkündigen.
Im gemeinsamen Hören auf Gottes Wort in der Heiligen Schrift und herausgefordert zum
Bekenntnis unseres gemeinsamen Glaubens sowie im gemeinsamen Handeln gemäss der
erkannten Wahrheit wollen wir Zeugnis geben von der Liebe und Hoffnung für alle Menschen.
Auf unserem europäischen Kontinent zwischen Atlantik und Ural, zwischen Nordkap und
Mittelmeer, der heute mehr denn je durch eine plurale Kultur geprägt wird, wollen wir mit
dem Evangelium für die Würde der menschlichen Person als Gottes Ebenbild eintreten und
als Kirchen gemeinsam dazu beitragen, Völker und Kulturen zu versöhnen.
In diesem Sinn nehmen wir diese Charta als gemeinsame Verpflichtung zum Dialog und zur
Zusammenarbeit an. Sie beschreibt grundlegende ökumenische Aufgaben und leitet daraus
eine Reihe von Leitlinien und Verpflichtungen ab. Sie soll auf allen Ebenen des kirchlichen
Lebens eine ökumenische Kultur des Dialogs und der Zusammenarbeit fördern und dafür
einen verbindlichen Masstab schaffen. Sie hat jedoch keinen lehramtlich-dogmatischen oder
kirchenrechtlich-gesetzlichen Charakter. Ihre Verbindlichkeit besteht vielmehr in der
Selbstverpflichtung der europäischen Kirchen und ökumenischen Organisationen. Diese
können für ihren Bereich auf der Grundlage dieses Basistextes eigene Zusätze und
gemeinsame Perspektiven formulieren, die sich konkret mit ihren besonderen
Herausforderungen und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen befassen.
______________________________
*Zur Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) gehören die meisten orthodoxen, reformatorischen,
anglikanischen, freikirchlichen und altkatholischen Kirchen in Europa. Im Rat der Europäischen
Bischofskonferenzen (CCEE) sind die römisch-katholischen Bischofskonferenzen in Europa
zusammengeschlossen.
I.
WIR GLAUBEN
"DIE EINE, HEILIGE, KATHOLISCHE UND APOSTOLISCHE KIRCHE"
"Bemüht euch, die Einheit des Geistes zu bewahren durch den Frieden, der euch
zusammenhält. E i n Leib und e i n Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine
gemeinsame Hoffnung gegeben ist; e i n Herr, e i n Glaube, e i n e Taufe, e i n Gott und
Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist" (Epheser 4, 3-6)
1. Gemeinsam zur Einheit im Glauben berufen
Mit dem Evangelium Jesu Christi, wie es in der Heiligen Schrift bezeugt wird und im
Ökumenischen Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381) zum Ausdruck kommt,
glauben wir an den Dreieinigen Gott: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Weil wir
mit diesem Credo "die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche" bekennen, besteht
unsere unerlässliche ökumenische Aufgabe darin, diese Einheit, die immer Gottes Gabe ist,
sichtbar werden zu lassen.
Noch verhindern wesentliche Unterschiede im Glauben die sichtbare Einheit. Es gibt
verschiedene Auffassungen, vor allem von der Kirche und ihrer Einheit, von den Sakramenten
und den Ämtern. Damit dürfen wir uns nicht abfinden. Jesus Christus hat uns am Kreuz seine
Liebe und das Geheimnis der Versöhnung geoffenbart; in seiner Nachfolge wollen wir alles
uns Mögliche tun, die noch bestehenden kirchentrennenden Probleme und Hindernisse zu
überwinden.
Wir verpflichten uns,
•
•
der apostolischen Mahnung des Epheserbriefes zu folgen und uns beharrlich um ein
gemeinsames Verständnis der Heilsbotschaft Christi im Evangelium zu bemühen;
in der Kraft des Heiligen Geistes auf die sichtbare Einheit der Kirche Jesu Christi in
dem einen Glauben hinzuwirken, die ihren Ausdruck in der gegenseitig anerkannten
Taufe und in der eucharistischen Gemeinschaft findet sowie im gemeinsamen Zeugnis
und Dienst.
II.
AUF DEM WEG ZUR SICHTBAREN GEMEINSCHAFT
DER KIRCHEN IN EUROPA
"Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid:
wenn ihr einander liebt" (Johannes 13, 35)
2. Gemeinsam das Evangelium verkündigen
Die wichtigste Aufgabe der Kirchen in Europa ist es, gemeinsam das Evangelium durch Wort
und Tat für das Heil aller Menschen zu verkündigen. Angesichts vielfältiger
Orientierungslosigkeit, der Entfremdung von christlichen Werten, aber auch mannigfacher
Suche nach Sinn sind die Christinnen und Christen besonders herausgefordert, ihren Glauben
zu bezeugen. Dazu bedarf es des verstärkten Engagements und des Erfahrungsaustausches in
Katechese und Seelsorge in den Ortsgemeinden. Ebenso wichtig ist es, dass das ganze Volk
Gottes gemeinsam das Evangelium in die gesellschaftliche Öffentlichkeit hinein vermittelt
wie auch durch sozialen Einsatz und die Wahrnehmung von politischer Verantwortung zur
Geltung bringt.
Wir verpflichten uns,
•
•
über unsere Initiativen zur Evangelisierung mit den anderen Kirchen zu sprechen,
darüber Vereinbarungen zu treffen und so schädliche Konkurrenz sowie die Gefahr
neuer Spaltungen zu vermeiden;
anzuerkennen, dass jeder Mensch seine religiöse und kirchliche Bindung in freier
Gewissensentscheidung wählen kann. Niemand darf durch moralischen Druck oder
materielle Anreize zur Konversion bewegt werden; ebenso darf niemand an einer aus
freien Stücken erfolgenden Konversion gehindert werden.
3. Aufeinander zugehen
Im Geiste des Evangeliums müssen wir gemeinsam die Geschichte der christlichen Kirchen
aufarbeiten, die durch viele gute Erfahrungen, aber auch durch Spaltungen, Verfeindungen
und sogar durch kriegerische Auseinandersetzungen geprägt ist. Menschliche Schuld, Mangel
an Liebe und häufiger Missbrauch von Glaube und Kirchen für politische Interessen haben die
Glaubwürdigkeit des christlichen Zeugnisses schwer beschädigt.
Ökumene beginnt deshalb für die Christinnen und Christen mit der Erneuerung der Herzen
und der Bereitschaft zu Busse und Umkehr. In der ökumenischen Bewegung ist Versöhnung
bereits gewachsen.
Wichtig ist es, die geistlichen Gaben der verschiedenen christlichen Traditionen zu erkennen,
voneinander zu lernen und sich so beschenken zu lassen. Für die weitere Entfaltung der
Ökumene ist es besonders erforderlich, die Erfahrungen und Erwartungen der Jugend
einzubeziehen und ihre Mitwirkung nach Kräften zu fördern.
Wir verpflichten uns,
•
•
Selbstgenügsamkeit zu überwinden und Vorurteile zu beseitigen, die Begegnung
miteinander zu suchen und füreinander da zu sein;
ökumenische Offenheit und Zusammenarbeit in der christlichen Erziehung, in der
theologischen Aus- und Fortbildung sowie auch in der Forschung zu fördern.
4. Gemeinsam handeln
Ökumene geschieht bereits in vielfältigen Formen gemeinsamen Handelns. Viele Christinnen
und Christen aus verschiedenen Kirchen leben und wirken gemeinsam in Freundschaften, in
der Nachbarschaft, im Beruf und in ihren Familien. Insbesondere konfessionsverschiedene
Ehen müssen darin unterstützt werden, Ökumene in ihrem Alltag zu leben.
Wir empfehlen, auf örtlicher, regionaler, nationaler und internationaler Ebene bi- und
multilaterale ökumenische Gremien für die Zusammenarbeit einzurichten und zu unterhalten.
Auf der europäischen Ebene ist es nötig, die Zusammenarbeit zwischen der Konferenz
Europäischer Kirchen und dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen zu stärken und
weitere Europäische Ökumenische Versammlungen durchzuführen.
Bei Konflikten zwischen den Kirchen sollen Bemühungen um Vermittlung und Frieden
initiiert bzw. unterstützt werden.
Wir verpflichten uns,
•
•
auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens gemeinsam zu handeln, wo die
Voraussetzungen dafür gegeben sind und nicht Gründe des Glaubens oder grössere
Zweckmässigkeit dem entgegenstehen;
die Rechte von Minderheiten zu verteidigen und zu helfen, Missverständnisse und
Vorurteile zwischen Mehrheits- und Minderheitskirchen in unseren Ländern
abzubauen.
5. Miteinander beten
Die Ökumene lebt davon, dass wir Gottes Wort gemeinsam hören und den Heiligen Geist in
uns und durch uns wirken lassen. Kraft der dadurch empfangenen Gnade gibt es heute
vielfältige Bestrebungen, durch Gebete und Gottesdienste die geistliche Gemeinschaft
zwischen den Kirchen zu vertiefen und für die sichtbare Einheit der Kirche Christi zu beten.
Ein besonders schmerzliches Zeichen für die Zerrissenheit unter vielen christlichen Kirchen
ist die fehlende eucharistische Gemeinschaft.
In einigen Kirchen bestehen Vorbehalte gegenüber gemeinsamen ökumenischen Gebeten.
Aber weithin prägen viele ökumenische Gottesdienste, gemeinsame Lieder und Gebete,
insbesondere das Vaterunser, unsere christliche Spiritualität.
Wir verpflichten uns,
•
•
füreinander und für die christliche Einheit zu beten;die Gottesdienste und die weiteren
Formen des geistlichen Lebens anderer Kirchen kennen und schätzen zu lernen;
dem Ziel der eucharistischen Gemeinschaft entgegenzugehen.
6. Dialoge fortsetzen
Unsere in Christus begründete Zusammengehörigkeit ist von fundamentaler Bedeutung
gegenüber unseren unterschiedlichen theologischen und ethischen Positionen. Anders als die
uns geschenkte und bereichernde Vielfalt haben jedoch Gegensätze in der Lehre, in ethischen
Fragen und in kirchenrechtlichen Festlegungen auch zu Trennungen zwischen den Kirchen
geführt; oft spielten dabei besondere geschichtliche Umstände und unterschiedliche kulturelle
Prägungen eine entscheidende Rolle.
Um die ökumenische Gemeinschaft zu vertiefen, sind die Bemühungen um einen Konsens im
Glauben unbedingt fortzusetzen. Ohne Einheit im Glauben gibt es keine volle
Kirchengemeinschaft. Zum Dialog gibt es keine Alternative.
Wir verpflichten uns,
•
•
den Dialog zwischen unseren Kirchen auf den verschiedenen kirchlichen Ebenen
gewissenhaft und intensiv fortzusetzen sowie zu prüfen, was zu den Dialogergebnissen
kirchenamtlich verbindlich erklärt werden kann und soll;
bei Kontroversen, besonders wenn bei Fragen des Glaubens und der Ethik eine
Spaltung droht, das Gespräch zu suchen und diese Fragen gemeinsam im Licht des
Evangeliums zu erörtern.
III.
UNSERE GEMEINSAME VERANTWORTUNG IN EUROPA
"Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden"
(Matthäus 5, 9)
7. Europa mitgestalten
Durch die Jahrhunderte hindurch hat sich ein religiös und kulturell vorwiegend christlich
geprägtes Europa entwickelt. Zugleich ist durch das Versagen der Christen in Europa und
über dessen Grenzen hinaus viel Unheil angerichtet worden. Wir bekennen die
Mitverantwortung an dieser Schuld und bitten Gott und die Menschen um Vergebung.
Unser Glaube hilft uns, aus der Vergangenheit zu lernen und uns dafür einzusetzen, dass der
christliche Glaube und die Nächstenliebe Hoffnung ausstrahlen für Moral und Ethik, für
Bildung und Kultur, für Politik und Wirtschaft in Europa und in der ganzen Welt.
Die Kirchen fördern eine Einigung des europäischen Kontinents. Ohne gemeinsame Werte ist
die Einheit dauerhaft nicht zu erreichen. Wir sind überzeugt, dass das spirituelle Erbe des
Christentums eine inspirierende Kraft zur Bereicherung Europas darstellt. Aufgrund unseres
christlichen Glaubens setzen wir uns für ein humanes und soziales Europa ein, in dem die
Menschenrechte und Grundwerte des Friedens, der Gerechtigkeit, der Freiheit, der Toleranz,
der Partizipation und der Solidarität zur Geltung kommen. Wir betonen die Ehrfurcht vor dem
Leben, den Wert von Ehe und Familie, den vorrangigen Einsatz für die Armen, die
Bereitschaft zur Vergebung und in allem die Barmherzigkeit.
Als Kirchen und als internationale Gemeinschaften müssen wir der Gefahr entgegentreten,
dass Europa sich zu einem integrierten Westen und einem desintegrierten Osten entwickelt.
Auch das Nord-Süd-Gefälle ist zu beachten. Zugleich ist jeder Eurozentrismus zu vermeiden
und die Verantwortung Europas für die ganze Menschheit zu stärken, besonders für die
Armen in der ganzen Welt.
Wir verpflichten uns,
•
•
•
uns über Inhalte und Ziele unserer sozialen Verantwortung miteinander zu
verständigen und die Anliegen und Visionen der Kirchen gegenüber den säkularen
europäischen Institutionen möglichst gemeinsam zu vertreten;
die Grundwerte gegenüber allen Eingriffen zu verteidigen;
jedem Versuch zu widerstehen, Religion und Kirche für ethnische oder
nationalistische Zwecke zu missbrauchen.
8. Völker und Kulturen versöhnen
Die Vielfalt der regionalen, nationalen, kulturellen und religiösen Traditionen betrachten wir
als Reichtum Europas. Angesichts zahlreicher Konflikte ist es Aufgabe der Kirchen,
miteinander den Dienst der Versöhnung auch für Völker und Kulturen wahrzunehmen. Wir
wissen, dass der Friede zwischen den Kirchen dafür eine ebenso wichtige Voraussetzung ist.
Unsere gemeinsamen Bemühungen richten sich auf die Beurteilung und Lösung politischer
und sozialer Fragen im Geist des Evangeliums. Weil wir die Person und Würde jedes
Menschen als Ebenbild Gottes werten, treten wir für die absolute Gleichwertigkeit aller
Menschen ein.
Als Kirchen wollen wir gemeinsam den Prozess der Demokratisierung in Europa fördern. Wir
engagieren uns für eine Friedensordnung auf der Grundlage gewaltfreier Konfliktlösungen.
Wir verurteilen jede Form von Gewalt gegen Menschen, besonders gegen Frauen und Kinder.
Zur Versöhnung gehört es, die soziale Gerechtigkeit in und unter allen Völkern zu fördern,
vor allem die Kluft zwischen Arm und Reich sowie die Arbeitslosigkeit zu überwinden.
Gemeinsam wollen wir dazu beitragen, dass Migranten und Migrantinnen, Flüchtlinge und
Asylsuchende in Europa menschenwürdig aufgenommen werden.
Wir verpflichten uns,
•
•
jeder Form von Nationalismus entgegenzutreten, die zur Unterdrückung anderer
Völker und nationaler Minderheiten führt und uns für gewaltfreie Lösungen
einzusetzen;
die Stellung und Gleichberechtigung der Frauen in allen Lebensbereichen zu stärken
sowie die gerechte Gemeinschaft von Frauen und Männern in Kirche und Gesellschaft
zu fördern.
9. Die Schöpfung bewahren
Im Glauben an die Liebe Gottes, des Schöpfers, erkennen wir dankbar das Geschenk der
Schöpfung, den Wert und die Schönheit der Natur. Aber wir sehen mit Schrecken, dass die
Güter der Erde ohne Rücksicht auf ihren Eigenwert, ohne Beachtung ihrer Begrenztheit und
ohne Rücksicht auf das Wohl zukünftiger Generationen ausgebeutet werden.
Wir wollen uns gemeinsam für nachhaltige Lebensbedingungen für die gesamte Schöpfung
einsetzen. In Verantwortung vor Gott müssen wir gemeinsam Kriterien dafür geltend machen
und weiter entwickeln, was die Menschen zwar wissenschaftlich und technologisch machen
können, aber ethisch nicht machen dürfen. In jedem Fall muss die einmalige Würde jedes
Menschen den Vorrang vor dem technisch Machbaren haben.
Wir empfehlen, einen ökumenischen Tag des Gebetes für die Bewahrung der Schöpfung in
den europäischen Kirchen einzuführen.
Wir verpflichten uns,
•
•
einen Lebensstil weiter zu entwickeln, bei dem wir gegen die Herrschaft von
ökonomischen Zwängen und von Konsumzwängen auf verantwortbare und
nachhaltige Lebensqualität Wert legen;
die kirchlichen Umweltorganisationen und ökumenischen Netzwerke bei ihrer
Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung zu unterstützen.
10. Gemeinschaft mit dem Judentum vertiefen
Eine einzigartige Gemeinschaft verbindet uns mit dem Volk Israel, mit dem Gott einen
ewigen Bund geschlossen hat. Im Glauben wissen wir, dass unsere jüdischen Schwestern und
Brüder "von Gott geliebt sind, und das um der Väter willen. Denn unwiderruflich sind Gnade
und Berufung, die Gott gewährt" (Röm. 11, 28-29). Sie haben "die Sohnschaft, die
Herrlichkeit, die Bundesordnungen, ihnen ist das Gesetz gegeben, der Gottesdienst und die
Verheissungen, sie haben die Väter, und dem Fleisch nach entstammt ihnen der Christus"
(Röm. 9, 4-5).
Wir beklagen und verurteilen alle Manifestationen des Antisemitismus, wie Hassausbrüche
und Verfolgungen. Für den christlichen Antijudaismus bitten wir Gott um Vergebung und
unsere jüdischen Geschwister um Versöhnung.
Es ist dringend nötig, in Verkündigung und Unterricht, in Lehre und Leben unserer Kirchen
die tiefe Verbindung des christlichen Glaubens zum Judentum bewusst zu machen und die
christlich-jüdische Zusammenarbeit zu unterstützen.
Wir verpflichten uns
•
•
allen Formen von Antisemitismus und Antijudaismus in Kirche und Gesellschaft
entgegenzutreten;
auf allen Ebenen den Dialog mit unseren jüdischen Geschwistern zu suchen und zu
intensivieren.
11. Beziehungen zum Islam pflegen
Seit Jahrhunderten leben Muslime in Europa. Sie bilden in manchen europäischen Ländern
starke Minderheiten. Dabei gab und gibt es viele gute Kontakte und Nachbarschaft zwischen
Muslimen und Christen, aber auch massive Vorbehalte und Vorurteile auf beiden Seiten.
Diese beruhen auf leidvollen Erfahrungen in der Geschichte und in der jüngsten
Vergangenheit.
Die Begegnung zwischen Christen und Muslimen sowie den christlich-islamischen Dialog
wollen wir auf allen Ebenen intensivieren. Insbesondere empfehlen wir, miteinander über den
Glauben an den einen Gott zu sprechen und das Verständnis der Menschenrechte zu klären.
Wir verpflichten uns,
•
 den Muslimen mit Wertschätzung zu begegnen;
•
 bei gemeinsamen Anliegen mit Muslimen zusammenzuarbeiten.
12. Begegnung mit anderen Religionen und Weltanschauungen
Die Pluralität von religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen und Lebensformen ist ein
Merkmal der Kultur Europas geworden. Östliche Religionen und neue religiöse
Gemeinschaften breiten sich aus und finden auch das Interesse vieler Christinnen und
Christen. Auch gibt es immer mehr Menschen, die den christlichen Glauben ablehnen, sich
ihm gegenüber gleichgültig verhalten oder anderen Weltanschauungen folgen.
Wir wollen kritische Anfragen an uns ernst nehmen und uns gemeinsam um eine faire
Auseinandersetzung bemühen. Dabei ist zu unterscheiden, mit welchen Gemeinschaften
Dialoge und Begegnungen gesucht werden sollen und vor welchen aus christlicher Sicht zu
warnen ist.
Wir verpflichten uns,
•
•
die Religions- und Gewissensfreiheit von Menschen und Gemeinschaften
anzuerkennen und dafür einzutreten, dass sie individuell und gemeinschaftlich, privat
und öffentlich ihre Religion der Weltanschauung im Rahmen des geltenden Rechtes
praktizieren dürfen;
für das Gespräch mit allen Menschen guten Willens offen zu sein, gemeinsame
Anliegen mit ihnen zu verfolgen und ihnen den christlichen Glauben zu bezeugen.
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Jesus Christus ist als Herr der einen Kirche unsere grösste Hoffnung auf Versöhnung und
Frieden.
In seinem Namen wollen wir den gemeinsamen Weg in Europa weitergehen. Wir bitten
Gott um den Beistand seines Heiligen Geistes.
"Der Gott der Hoffnung erfülle uns mit aller Freude und mit allem Frieden im Glauben,
damit wir reich werden an Hoffnung in der Kraft des Heiligen Geistes"
(Röm. 15,13)
Als Präsidenten der Konferenz Europäischer Kirchen und des Rates der Europäischen
Bischofskonferenzen empfehlen wir diese Charta Oecumenica als Basistext allen Kirchen und
Bischofskonferenzen von Europa zur Annahme und Umsetzung in ihrem jeweiligen Kontext.
Mit dieser Empfehlung unterschreiben wir die Charta Oecumenica im Rahmen der
Europäischen Ökumenischen Begegnung am ersten Sonntag nach den gemeinsamen Ostern
im Jahre 2001.
Strassburg, den 22. April 2001
Metropolit Jéremie
 Kardinal Vlk
Präsident der
 Präsident des Rates
Konferenz Europäischer Kirchen
 der Europäischen Bischofskonferenzen

Quelle

Siehe auch